Die Herkunft der Familie Herstatt
Valenciennes / Hubert Herstatt (1596-1678)
Der Stammvater aller Herstatts ist Hubert Herstatt (1596-1678). Er wurde in Bilstein, einer Gemeinde in der belgischen Provinz Lüttich geboren. Die Eltern kommen aus Valenciennes, eine Stadt im Norden Frankreichs. Als die Reformierten sich in Frankreich nicht mehr sicher fühlten, zog die Familie Herstatt ins benachbarte Lütticher Land.
Aachen, Stollberg, Eschweiler und Düren
Mitglieder der Familie siedelten sich in Aachen, Stollberg, Eschweiler und Düren an. Hubert Herstatt fand nach der Verfolgung seine ersehnte Ruhe in Eschweiler, war als „fabriquant“ tätig und lebte dort mit seiner Frau Maria geb. Remeys aus Aachen (1609-1678) und seinen vielen Kindern bis zu seinem Lebensende. Einer seiner Söhne, Isaak Herstatt (1657-1737), verheiratet mit Mintha Johae war Stammführer der heutigen Nachkommen.
Köln
Wiederum dessen Sohn Isaak Herstatt (1697-1761), verheiratet mit Gertrud Lomberg war der erste Stammführer, der mit der Familie um 1700 nach Köln übersiedelte. Das Ehepaar hatte mehrere Kinder. Zwei Söhne sollten hier erwähnt werden, Johann David Herstatt (1740-1809) und Johann Jakob (1743-1811), da sie Nachkommen über viele Generationen hatten und die jeweiligen Vornamen (David und Jakob) im jeweiligen Zweig immer wieder weitergegeben wurden.
Textilproduktion und -handel
Die Eschweiler Familien Hubert und Isaak Herstatt waren beruflich mit der Produktion und dem Handel von Textilien befasst, hoch angesehene Bürger der Stadt und sehr in der Kirchengemeinde durch Amt und großzügige Spenden engagiert. Die beiden Brüder Johann David und Johann Jakob Herstatt übernahmen den Betrieb ihrer Eltern und bauten ihn zu einem für damalige Verhältnisse schon „industriellen“ Unternehmen aus. Man produzierte auf über 200 Webstühlen sogenannte Seiden- und Florettbänder und vertrieb sie im In- und Ausland. Diese Bänder wurden zu einem wesentlichen Teil für Uniformen des Militärs genutzt. Trotz des großen Erfolges waren die Herstatt Brüder als Protestanten im katholischen Köln mit seinen mächtigen Zünften und restriktiven Regeln, was die Berufsausübung und den Erwerb von Grundstücken betraf, in ihren Handlungen sehr eingeschränkt.
Die Besatzungszeit der Franzosen (1794-1815)
Dies sollte sich erst zur Besatzungszeit der Franzosen (1794-1815) ändern. Die Veränderungen durch die Franzosen beeinflussten das bestehende Geschäft, zwangen aber auch zum Umdenken. Der Code Civil oder auch Code Napoléon brachte im besetzten Rheinland und so auch in Köln Freiheiten im Bereich der Gewerbeausübung und Rechtssicherheit, was die beruflichen Möglichkeiten der Familie Herstatt stark förderte. Friedrich Heinrich Herstatt (1771-1816), Sohn von Johann Jakob Herstatt, konnte sogar als Protestant Bürgermeister von Köln (1801 und 1803) werden.
Hier können Sie die Bürgermeister der Stadt Köln einsehen.
Allerdings wurde das Seidengeschäft der Brüder Herstatt durch die von Napoleon initiierte Englandblockade / Kontinentalsperre auch erheblich geschwächt. Der für die Herstatt-Brüder beachtliche England-Export brach ein, hohe Zölle schmälerten die Rendite und die Brüder konzentrierten sich mehr und mehr auf neue Geschäftsfelder. Die Produktion der Seiden- und Florettbänder wurde sukzessiv heruntergefahren und 1815 endgültig eingestellt.